Von Anke Kerp
Während eines Vortrags von Jochen Jülicher über die Hochzeit außerhalb der Kirche, berichtet er offen über die eigenen Erfahrungen. Vor etwa zwölf Jahren war er katholischer Seelsorger in einem Krankenhaus. Dort verliebte er sich in eine Ärztin und entschied sich für das Leben mit ihr. Mit der katholischen Kirche geht das natürlich nicht. In der Folge lernte er zahlreiche Paare kennen, die Probleme mit der Kirche, nicht nur mit der katholischen, hatten, jedoch aus einem tiefen Wunsch heraus, einen Segen und eine Zeremonie im christlichen Sinne für ihre Ehe wünschten. Diesen Paaren bietet er, gemeinsam mit mehreren Kollegen, Alternativen zur kirchlichen Hochzeit an.
Besonders interessant ist eine Freie Trauung für Paare, die nicht in einer bestimmten Gemeinde beheimatet sind, wenn ein oder beide Partner aus der Kirche ausgetreten ist, für bereits geschiedene oder gleichgeschlechtliche Paare und für solche, die überkonfessionell heiraten oder sich einfach eine besonders persönlich gestaltete Zeremonie ohne religiösen Hintergrund wünschen.
Eine solche Trauung ist sehr individuell und kann dort stattfinden, wo das Paar es wünscht – zu Hause, im Garten, in einem Festsaal. Dabei gehören ein Tisch und zwei Stühle zur Minimalausstattung, wie Jochen Jülicher erklärt. Wichtig soll nicht das Mobiliar sein, sondern das, was das Paar spürt und was es dazu bewogen hat, den Schritt der Eheschließung in dieser Form zu gehen. Er sagt ganz deutlich, dass „die Schminke“ völlig unwichtig sei, wichtig seien die inneren Fragen und Werte. Und „nicht Kirche ist wichtig, sondern die Liebe wird gelebt“, sagt der Theologe. „Dann landet man irgendwann sowieso bei Gott, egal, wie er sich für das Paar zeigt und nennt.“
Es gibt zahlreiche Theologen oder Redner, die Trauungszeremonien anbieten. Wichtig ist, dass ein persönliches Gespräch vereinbart wird, für das sich alle drei Zeit nehmen. Zum einen muss „die Chemie“ stimmen, zum anderen sollte das Brautpaar hinterfragen, welchen Hintergrund der Mensch hat, der die Trauung durchführen wird. Kommt es dem Paar lediglich auf eine schöne Zeremonie an, ist es nicht so wichtig, ob es sich um einen Theologen handelt oder nicht. Soll der christliche Gedanke jedoch eine Rolle spielen und eine seriöse Basis vorhanden sein, sollte dieser Aspekt nicht ungefragt bleiben. Auf der Internetpräsenz www.freietheologen.de finden Paare Adressen in ihrer Nähe.
Bei der sogenannten „Freien Trauung“ ist das Hinzuziehen von Trauzeugen möglich, aber nicht zwingend notwendig. Bei Jochen Jülicher dauert eine Trauung, je nach Musikauswahl, etwa 45 Minuten. Nach dem feierlichen Einzug und der Wunschmusik des Paares, wird eine Lesung gehalten. Hierbei kann es sich um einen Bibeltext handeln, es kann aber auch ein Gedicht oder ein anderer Text gewählt werden. Die Worte sollten jedoch immer dem Anlass angemessen sein. Danach hält der Theologe eine kurze, sehr persönliche Ansprache für das Brautpaar. Wichtig ist für Jülicher, dass das Paar während des Eheversprechens und der Traufrage den Gästen zugewandt steht. In vielen Standesämtern und Kirchen sehen die Gäste das Paar ausschließlich von hinten. So können sie nur zum Teil an der wichtigen und emotionalen Zeremonie teilhaben. Schön ist, wenn die Brautleute das Eheversprechen selber sprechen. Sollte die Nervosität zu groß sein, spricht der Trauende es den Brautleuten vor. Der letzte Teil der Trauung wird von Riten und symbolischen Gesten bestimmt. Die neue Lebensphase wird deutlich gemacht. „Es muss eine Mischung aus Ernsthaftigkeit und Fröhlichkeit geschaffen werden. Der Grund der Feier muss aber jedem jederzeit bewusst bleiben“, meint Jülicher. Er bietet beispielsweise auch Gospelhochzeiten an. „Dabei darf es aber nicht darum gehen, eine Party zu feiern. Auf dem Fundament der Ernsthaftigkeit und der echten Gefühle, darf und soll gefeiert werden.“ Da er Rheinländer ist, hat er kein Problem, eine rheinische Hochzeit durchzuführen. Deutlich macht er aber auch, dass die Gültigkeit der Ehe ausschließlich durch die standesamtliche Trauung gegeben wird.
Interessant ist für viele Paare, dass sie recht frei in der Wahl der Trauungszeit sind. Die sogenannte „Prime Time“ ist Samstagnachmittag nach 16.00 Uhr. Diese Zeit ist schnell ausgebucht und muss frühzeitig reserviert werden. Möglich sind jedoch auch Trauungen am Abend oder am frühen Morgen. Auch eine Mitternachtstrauung ab 22.00 Uhr ist möglich. Jochen Jülicher stellt fest, dass dies für das Paar und die Gäste ganz besonders intensiv ist. Nachdem die Gesellschaft zusammen gegessen hat, wird durch die Zeremonie noch einmal sehr deutlich, warum alle sich an diesem Tag und an diesem Ort getroffen haben.
Eine persönliche und feierliche Zeremonie, gemeinsam mit einem Freien Theologen, eignet sich auch als Erneuerungszeremonie an einem runden Hochzeitstag. Manche Paare spüren den Wunsch nach einer besonderen Feier nach längerer Zeit des Zusammenlebens, nach Erreichen von gemeinsamen Zielen oder Bestehen von schwierigen Lebensphasen. Auch diese Paare sollten sich nicht scheuen, das Gespräch zu einem Freien Theologen zu suchen.
Quelle: hera